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Institut für bildende Kunst
Bildende Kunst; Studienzweig Bildende Kunst
Betreuung: Zobernig, Heimo
o.T., 2010
Abschlussjahr: 2011
Index aus Michel Seuphor „Ein halbes Jahrhundert abstrakte Malerei. Von Kandinsky
bis zur Gegenwart", Droemer Knaur, München-Zürich 1962
Hartfaser, Holz, Lack, Papier, Plexiglas, Klebeband, Metall
ca. 355 x 990 cm

Es war eine der für meine Arbeit wesentlichsten Erkenntnisse, dass die Kunstpublikation das wichtigste Medium zur Genese des etablierten Kunstbestandes darstellt. Grundlage meiner Arbeit ist die Untersuchung von Kunst als historisch gewachsenes, gesellschaftliches Phänomen; Diese Sichtweise ist die aufgeklärteste und konsequenteste.

Eine der Formen, die ich in diesem Zusammenhang entwickelt habe, ist der „Index“. Zur Verarbeitung gelangt die Gesamtheit der in einer Publikation abgedruckten Reproduktionen in der exakten Reihenfolge ihres Erscheinens im Buch. Für die Diplomarbeit fiel meine Wahl auf ein Buch über abstrakte Malerei, neben dem Readymade die wesentlichste Neuerung der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die betreffende Publikation stellt zurecht den Anspruch auf eine sowohl vollständige wie für den Diskurs konstituierende Darstellung des von ihr behandelten Inhalts (in diesem Fall aller Strömungen der abstrakten Malerei).

Es handelt sich um „Ein halbes Jahrhundert abstrakte Malerei. Von Kandinsky
bis zur Gegenwart“ von Michel Seuphor (1901-1999), erschienen bei Droemer Knaur im Jahr 1962. Die Anzahl, die Auswahl und die Reihenfolge der Abbildungen selbst werden durch die flächige, zeilenförmige Montage gleichsam zum Text, in dem implizit Ziel, Ergebnis und Methodik des Kunstdiskurses enthalten sind.

Die Übernahme der im Buch festgeschriebenen Ordnung, dieser scheinbare Nicht-Eingriff meinerseits, geht auf die Erkenntnis zurück, dass nur in der Präsentation aller Abbildungen, in genau jener Ordnung, in der sie durch ihre Veröffentlichung in den Diskurs eingeführt werden, gleichsam die „Grammatik der bildenden Kunst“ lesbar gemacht werden kann. Es geht mir um die Analyse der Voraussetzungen, nach denen man über Kunst „denken“ und „sprechen“ kann. Gesetzt den Fall ich erstelle einen Index der Geschichte der abstrakten Malerei aus von mir selbst produzierten oder aus von verschiedenen Quellen gewählten Abbildungen, so bleibt dennoch die Grundlage aller meiner Entscheidungen, die ich für die Erstellung einer solchen Bildsammlung treffe, das durch Publikationen vermittelte Wissen, was abstrakte Malerei ist, und wie darüber gesprochen und gedacht werden kann. Andere formale Lösungen betreffen die Bearbeitung der Reproduktion selbst: zerschneiden und neu zusammenfügen, verwischen der Druckfarbe, übermalen, oder mit Hilfe einer Durchlichteinheit scannen, sodass der auf der Rückseite des Bilds befindliche Text durchscheint. Die bearbeiteten Abbildungen oder Scans werden zudem auf die Originalgröße der jeweils abgebildeten Arbeit gebracht. Es geht dabei genauso um die Prozesse von Aneignung durch mediale Vermittlung, die Fortführung historischer Entwicklungen und letztlich Produktion von Wissen als Quellen der Kultur. Der Index ist jene Form, in der am konsequentesten und grundsätzlichsten jene Themenbereiche behandelt werden, die die Kanonisierung von Ästhetik sowie die Struktur des Kunstbegriffs betreffen.